Wildbiene des Monats Juni 2020: Die Kleine Blattschneiderbiene
Blattschneiderbienen sind nicht nur wahre Meister beim Nestbau, sondern gelten auch als äußerst robuste Wildbienen. Die Gattung ist in Deutschland mit insgesamt 23 Arten vertreten. Unsere Wildbiene des Monats Juni 2020, die Kleine Blattschneiderbiene, ist mit 9 bis 10 Millimetern dabei die kleinste Vertreterin der heimischen Blattschneiderbienen. Wie auch andere Wildbienenarten dieser Unterfamilie, haben die Weibchen der Kleinen Blattschneiderbiene eine gut zu erkennende, auffällige rostrote Bauchbürste.
Die Kleine Blattschneiderbiene treffen wir in weiten Teilen Europas bis nach Finnland und in der borealen Zone Zentralasiens an. Sie lebt vorzugsweise auf Lichtungen in Waldgebieten, an Waldrändern und Kahlschlägen bis in eine Höhe von 2.000 Metern. Im Siedlungsbereich und im Flachland ist die Blattschneiderbiene eher selten anzutreffen. In Deutschland gilt sie noch in vielen Bundesländern als ungefährdet, wodurch sie auch im norddeutschen Tiefland zu finden ist. Insgesamt ist sie aber nur zerstreut vorhanden und dabei mäßig häufig (siehe Verbreitungskarte).
Als Nistplätze werden bereits vorhandene Hohlräume genutzt, wie zum Beispiel alte Fraßgänge von Käfern im Totholz. Auch werden künstliche Nisthilfen mit Schilfhalmen (“Wildbienenhotels“) besiedelt. Beim Errichten von Nistbauten werden die Brutgänge mit einem Innendurchmesser von etwa 5 Millimeter mit Blattstücken ausgekleidet und in Brutzellen abgeteilt. Für den Nestbau benötigt die Wildbiene weiches Pflanzenmaterial von krautigen Pflanzen. In jede der Brutzellen wird zur Proviantierung der eigenen Nachkommen ein Gemisch aus Pollen und Nektar eingebracht. Darauf legen die Weibchen jeweils ein Ei. Als Nestverschluss wird eine Querwand aus zerkauten Pflanzenteilen verwendet. Wie auch schon unsere Wildbiene des Monats Mai, die Kohlschwarze Sandbiene (Andrena pilipes), fliegt die Kleine Blattschneiderbiene bei günstigen Nahrungs- und Witterungsverhältnissen in zwei Generationen. Die Frühjahrsgeneration ist dabei von Mai bis Juni zu beobachten und die Sommergenerationen ab August bis in den September.
Nestbau im Brombeerstängel
Ihre Verbreitung in unserer Kulturlandschaft und ihre lange Flugzeit hängt auch mit ihrem Sammelverhalten zusammen. Die Kleine Blattschneiderbiene besucht eine Vielzahl von Pflanzenarten auf. So fliegt sie auf vier unterschiedliche Pflanzenfamilien: Neben Korbblütlern (Asteraceae) sucht sie Pollen an Hülsenfrüchtlern (Fabaceae), Lippenblütlern (Lamiaceae) und Wegerichgewächsen (Plantaginaceae). Besondere Vorlieben hat die Wildbienenart daher für Kratzdisteln (Cirsium vulgare), Löwenzahn (Leontodon hispidus), Hornklee (Lotus corniculatus), Feld-Thymian (Thymus pulegioides) und den Mittleren Wegerich (Plantago media).
Eine an der Kleinen Blattschneiderbiene parasitierende Bienenart ist die Unbewehrte Kegelbiene (Coelioxys inermis). Die artenreiche Kuckucksbienengattung der Kegelbienen (Coelioxys) verdankt ihre deutsche Namensgebung der unverwechselbaren Kegelform des Hinterleibs der Weibchen. Diese Wildbienenarten sammeln keinen eigenen Pollen für ihren Nachwuchs. Sie legen ihre Eier in die Nester ihrer Wirtstiere (Brutparasitismus). Trotzdem benötigen auch parasitisch lebende Wildbienenarten nektarreiche Wildpflanzen als Nahrungsgrundlage.
Wertvolle Tipps, wie sie ihren Garten oder Balkon bienenfreundlich gestalten können, finden sie auf der Website Wir tun was für Bienen oder unter deutschland-summt.de.
Literatur
Amiet, Felix & Krebs, Albert (2012): Bienen Mitteleuropas - Gattungen, Lebensweise, Beobachtung, Haupt Verlag, Bern
Bellmann, Heiko & Helb, Matthias (2017): Bienen, Wespen, Ameisen. Kosmos - Naturführer, Nestbau, Brutpflege, Staatenbildung - die besonderen Verhaltensweisen der Hautflügler, 3.Aufl., Franckh Kosmos Verlag
Hemmer, Cornelis & Corinna Hölzer (2017): Wir tun was für Bienen. Wildbienengarten, Insektenhotel und Stadtimkerei, Kosmos-Verlag, Stuttgart
Michener, Charles D. (2007): The Bees of the World, The Johns Hopkins University Press, Baltimore
Scheuchl, Erwin, & Willner, Wolfgang (2016): Taschenlexikon der Wildbienen Mitteleuropas: Alle Arten im Porträt; Quelle & Meyer Verlag GmbH & Co, Wiebelsheim
Vereecken, Nicolas (2019): Wildbienen entdecken & schützen, BLV, ein Imprint von GRÄFE UND UNZER Verlag
Westrich, Paul (2019): Die Wildbienen Deutschlands; 2.Aufl., 1700 Farbfotos; Ulmer-Verlag; Stuttgart