Pflanzenportrait Juli 2023
Die Wilde Karde (Dipsacus fullonum)
Eine für jede Jahreszeit
Die Wilde Karde hat zu jeder Jahreszeit viel zu bieten. Jetzt im Hochsommer blüht sie auf ungewöhnliche Weise: In der Mitte des Blütenstandes öffnet sich ein Kranz aus kleinen rosa Blüten, der sich teilt und mit der Zeit nach oben und unten wandert. Meist sehen wir also zwei solcher Blütenkränze an der Pflanze. Besonders bei Hummeln und anderen Insekten mit langem Saugrüssel ist der Nektar sehr beliebt.
Eine weitere Besonderheit sind die kleinen Becken, die sich durch die Blätter am Stängel bilden. Bei Regen sammelt sich in ihnen Wasser – und mit der Zeit auch einige ertrunkene Insekten oder gar Schnecken. Noch immer ist nicht ganz klar, was die Pflanze damit bezwecken will: Sollen krabbelnde Insekten am Hochsteigen gehindert werden? Zieht die Karde aus der Flüssigkeit zusätzliche Nährstoffe, wie fleischfressende Pflanzen das tun? Oder ist das einfach eine „Laune der Natur“, ohne tieferen Sinn?
Früher haben durstige Menschen das Wasser auf Wanderungen zur Erfrischung genutzt. Der botanische Gattungsname Dipsacus kommt vom griechischen Wort „dipsa“ für „Durst“. Vögel nehmen das Wasser ebenfalls gerne an. Im Herbst werden Stieglitz und andere gefiederte Körnerfresser zudem magisch von der stachligen Erscheinung angezogen: Sie sind ganz wild auf die nahrhaften Samen der Pflanze. Weil dabei immer wieder welche auf den Boden fallen, sichert die Karde auf diese Weise ihren Fortbestand. Der steife Stängel schleudert bei Wind oder nach Berührung die Samen zudem einige Meter weit hinaus. Hierbei hilft auch ihre stattliche Größe von bis zu 250 Zentimetern.
Im Winter sehen die trockenen Samenstände sehr gut in jedem Garten aus. Auch die Floristik nutzt die Karde für Sträuße. Weil die Samenstände hart und bürstenartig sind, wurden sie früher in der Weberei zum Aufrauen der Wolle genutzt. So heißt eine enge Verwandte der Wilden Karde auch „Weber-Karde“.
Die Wilde Karde ist zweijährig. Im Frühjahr finden wir nur die wintergrüne und stachlige Rosette der Pflanze, bevor sich der lange Stängel bildet. Sie mag es sonnig, eher feucht und nährstoffreich. In jedem Garten ist sie ein absoluter Blickfang und sie gibt Beeten allein durch ihre Größe Struktur. Ist der Topf groß genug, „funktioniert“ sie auch auf dem Balkon.
Haben Sie Karden im Garten? Bis Ende Juli haben Sie noch Zeit, Ihren naturnahen Garten oder Balkon beim großen Deutschland summt!-Pflanzwettbewerb 2023 einzureichen.