Wildbiene des Monats Oktober 2018: Stahlblaue Mauerbiene (Osmia caerulescens, LINNAEUS 1758)
Im goldenen Oktober endet nicht nur der Sommer, auch unsere diesjährige Reihe der Wildbiene des Monats findet ihr vorläufiges Ende. Bunte Farben sind nicht nur charakteristisch für Blütenpflanzen und Herbstlaubfärbung. So manche hervorstechende Färbung findet sich sogar in der Artbezeichnung im Tierreich wider. Auch unsere heimischen Wildbienen besitzen charakteristische Farbgebungen und Zeichnungen. Deutlich wird dies bei der Rostroten Mauerbiene (Osmia bicornis), Gelbbindigen Furchenbiene (Halictus scabiosae) oder der Blauschwarzen Holzbiene (Xylocopa violacea).
Wenn von unserer Wildbiene des Monats Oktober 2018, der Stahlblauen Mauerbiene (Osmia caerulescens), die Rede ist, bezieht sich die Namensgebung auf die metallisch schimmernde, bläuliche Farbe der Weibchen mit schwarzer Bauchbürste. Sie sind mit 9 bis 10 Millimeter etwas größer als die metallisch glänzenden, orangebraun gefärbten Männchen (8 bis 9mm). Im Feld sind die beiden Geschlechter ohne weiteres zuzuordnen. Ihre deutliche Unterscheidung im Aussehen von Männchen und Weibchen nennt sich Geschlechtsdimorphismus (synonym Sexualdimorphismus). Im Tierreich äußern sich derartige Zweigestaltigkeiten zudem in unterschiedlicher Behaarung, Saisondimorphismus (zum Beispiel beim Landkärtchen) oder Körpergröße (wie auch zum Beispiel beim Hirschkäfer).
Wir finden die Stahlblaue Mauerbiene in weiten Teilen Eurasiens. Sie kommt von Portugal bis Pakistan und in ihrer Nord-Süd-Ausdehnung nach von Skandinavien bis Nordafrika vor. Zu ihren bevorzugten Lebensräumen gehören Waldsäume und Waldlichtungen, Hecken, Magerrasen, Streuobstwiesen, aufgelassene Steinbrüche sowie Lehm- und Sandgruben. Aber auch im Siedlungsbereich ist die Osmia-Art anzutreffen. Für den Nestbau sucht sie unterschiedlichste Hohlräume auf. Die Stahlblaue Mauerbiene ist Nachnutzerin alter Pelzbienen-Nester in Löss- und Lehmwänden und von Käfer-Fraßgängen in Totholz. Aber auch zahlreiche unterschiedliche Pflanzenstängel werden von ihr aufgesucht. Daher kann man dieser Mauerbiene ab dem Frühjahr mit einer entsprechenden oberirdischen Nisthilfe eine neue Behausung für ihr Eilegegeschäft anbieten (Lochdurchmesser 4 bis 5 Millimeter, mit einer Tiefe von mindestens 10 Zentimeter).
Die Flugzeit der Stahlblauen Mauerbiene erstreckt sich in zwei Generationen von März bis Oktober. Damit nimmt sie einen sehr langen Zeitraum im Artenkalender der mitteleuropäischen Wildbienenfauna ein. Ähnlich lang fliegen zudem auch manche Hummel- und Schmalbienenarten. Bei diesen Wildbienen handelt es sich zumeist um Generalisten, da sie ein ganzjähriges Blühangebot zum Fortbestand ihrer Populationen benötigen. Und so ist auch die Stahlblaue Mauerbiene bei der Nahrungssuche als unspezialisiert (polylektisch) einzustufen. Von den sieben bekannten Pflanzenfamilien ihrer Wahl hat sie eine Vorliebe für Schmetterlingsblütler (Fabaceae) und Lippenblütler (Lamiaceae), wie zum Beispiel Luzerne (Medicago sativa) und Echtes Herzgespann (Leonurus cardiaca). Zudem sammelt die Stahlblaue Mauerbiene Pollen, Nektar und Baumaterial für ihre Zellwände und Nestverschlüsse an Korbblütlern (Asteraceae), Raublattgewächsen (Boraginaceae), Kreuzblütlern (Brassiceae), Johanniskrautgewächsen (Hypericeae) und Hahnenfußgewächsen (Ranunculaceae).
Neben dem ausgeprägten Sexualdimorphismus und ihrer langen Flugzeit ist die recht hohe Zahl von Brutparasiten und Schmarotzern auffällig. Dies hängt maßgeblich mit der langen Flugzeit zusammen. So sind neben der Stängel-Düsterbiene (Stelis ornatula), als Kuckucksbiene, auch Keulhornwespen (Sapygidae: zum Beispiel Sapyga clavicornis und Sapyga quinquepunctata), Goldwespen (Chrysididae: zum Beispiel Chrysis sexdentata) und diverse Erdwespen als Nutznießer bekannt. Ihre weite und teilweise häufige Verbreitung verdankt die Stahlblaue Mauerbiene ihrer großzügigen Anpassung an zahlreiche Lebensräume und unterschiedliche Pflanzenfamilien. Ihr gegenwärtiger Status wird als ungefährdet eingestuft. Dennoch sind durch die Intensivierung der Landwirtschaft, Flächenfraß durch Wohnraum, Industrie und Infrastruktur sowie falsches Flächenmanagement (Zuschütten und Renaturieren von Steinbrüchen, mangelnder Schutz von Naturschutzgebieten und so weiter) mittlerweile auch Allerweltsarten im Fortbestand bedroht.
Literatur
Amiet, Felix & Krebs, Albert (2012): Bienen Mitteleuropas - Gattungen, Lebensweise, Beobachtung, Haupt Verlag, Bern
Bellmann, Heiko & Helb, Matthias (2017): Bienen, Wespen, Ameisen. Kosmos - Naturführer, Nestbau, Brutpflege, Staatenbildung - die besonderen Verhaltensweisen der Hautflügler
Scheuchl, Erwin, & Willner, Wolfgang (2016): Taschenlexikon der Wildbienen Mitteleuropas: Alle Arten im Porträt; Quelle & Meyer Verlag GmbH & Co; Wiebelsheim
Westrich, Paul (2018): Die Wildbienen Deutschlands, 1700 Farbfotos; Ulmer-Verlag; Stuttgart
Die Stahlblaue Mauerbiene (Osmia caerulescens (Linnaeus, 1758)) auf insekten-sachsen.de