Wildbiene des Monats Juli 2018: Bärtige Kuckuckshummel (Bombus barbutellus, KIRBY 1802)
Im Sommermonat Juli widmen wir uns erneut einer Kuckucksbiene. Die Bärtige Kuckuckshummel besitzt einen kurzen rundlichen Kopf mit schwarzen Haarbüscheln an ihren Mundwerkzeugen (Mandibeln). Diese verhalfen ihr zur deutschen Namensbezeichnung. Für die Weibchen ist folgende Körperzeichnung charakteristisch: dunkelgelbe Querbinden, unterbrochen von einer schwarzen Binde in der Mitte und einem abschließenden weißen Hinterteil. Sie sind mit bis zu 19 Millimeter etwas größer als die Männchen (Drohn) mit maximal 16 Millimeter. Aufgrund ihrer schmarotzenden Lebensweise in anderen Hummel-Kolonien braucht diese kurzrüsselige Hummelart keine Pollenkörbchen (Corbicula), um Pollen zu sammeln.
Die Verbreitung von Bombus barbutellus erstreckt sich über weite Teile Europas bis in die Südtürkei, das Kaukasus-Gebirge und die Mongolei. Ihre nördliche Ausdehnung zieht sich bis Irland und Nord-Schottland, Schweden und Finnland. Die Untergattung der Kuckuckshummeln (Psithyrus), innerhalb der Gattung der Hummeln (Bombus), ist in Mitteleuropa durch neun verschiedene Arten vertreten. Eine davon ist die Bärtige Kuckuckshummel, die in Deutschland weit verbreitet und aus den meisten Bundesländern gemeldet ist. Lediglich in Berlin und Brandenburg gilt sie als ausgestorben beziehungsweise verschollen (siehe Verbreitungskarte). Ihr Vorkommen hängt unmittelbar mit der ebenfalls weiträumig auftretenden Hauptwirtin, der Gartenhummel (Bombus hortorum), zusammen. Bevorzugte Habitate sind Waldsäume, Streuobstwiesen, Hecken, extensiv genutzte Mager- und Fettwiesen, Hochwasserdämme, Brach- und Ruderalflächen. Auch im Siedlungsbereich ist sie anzutreffen.
Die Flugzeit der im Vorjahr befruchteten Altkönigin beginnt in unseren Breiten im April und erstreckt sich bis in die letzten Julitage. Die neue Generation von Jungköniginnen und Männchen fliegt ab Anfang Juli. Das überwinterte Weibchen „schmuggelt“ sich im Frühjahr in das Nest einer anderen Hummel, zumeist einer Gartenhummel. Nur wenn die Entwicklung des zu besetzenden fremden Hummelvolkes noch nicht zu weit fortgeschritten ist, kann das Unterfangen der „feindlichen Übernahme“ durch die Kuckuckshummel gelingen. Dazu muss die Schmarotzerhummel den genau richtigen Zeitpunkt abpassen, in das fremde Nest einzudringen und ihr Vorhaben erfolgreich abzuschließen. Folgendermaßen muss es laufen: Wenn die Wirtskönigin noch keine eigene Brut betreut, aber die Kuckuckshummel schon in das Nest eindringen würde, ließe die Wirtskönigin das Nest unvermittelt zurück. Käme die Kuckuckshummel aber zu einem zu späten Zeitpunkt, wie beispielsweise im Reifestadium der Hummelkolonie, sieht sich die Kuckuckshummel mit einer Übermacht von Arbeiterinnen konfrontiert, die sie aus dem Nest hinausdrängen würden. Auch hier könnte sie keine Kuckuckseier mehr dazulegen. Daher ist der ideale Zeitpunkt für die Kuckuckshummeln dann gegeben, wenn die ersten Arbeiterinnen der Wirtshummel geschlüpft sind und die Wirtskönigin selbst auf Nahrungssuche außerhalb des Nestes ist, also das Eindringen der Kuckuckshummel nicht wahrnimmt. Übrigens nutzt die Kuckuckshummel einen Trick, keinen fremden Geruch im Nest zu hinterlassen. Sie nimmt den Geruch des zu annektierenden Nestes dadurch an, in dem sie sich fest an die Waben des Wirtes drückt. Da die Kuckuckshummel kein eigenes Wachs produzieren kann, ihr fehlen die Wachsdrüsen, nutzt sie das Wachs der Wirtshummel für ihre eigenen Zwecke. In diesen neuen, von der Kuckuckshummel gebauten Zellen legt sie ausschließlich ihre eigenen Drohnen- und Kuckuckshummel-Königinneneier. Die Arbeiterinnen der Wirtshummel nun übernehmen die Aufzucht der fremden Nachkommenschaft.
Opfer dieser Lebensweise ist ihr bereits erwähnter Hauptwirt, die Gartenhummel (Bombus hortorum) sowie möglicherweise die Feldhummel (Bombus ruderatus). Als Nahrungsgrundlage für ihre Nachkommenschaft dienen die verproviantierten Zellen ihres Wirtsvolkes und die Tätigkeiten dieser Arbeiterinnen. Zur Eigenversorgung benötigen die Kuckuckshummel selbst daher lediglich Nektar. Die Männchen der Bärtigen Kuckuckshummel ernähren sich meist vom Nektar der Flockenblumen, Skabiosen und Disteln. Die Weibchen hingegen bevorzugen Löwenzahn.
Zur Paarung verlassen die Jungköniginnen das okkupierte Nest um sich in der Folge ein geeignetes Winterquartier zu suchen. Da Kuckuckshummeln nicht selbstständig brüten können, sind sie abhängig von ihren Artverwandten, den Wirtshummeln. Das Verhalten von Kuckuckshummeln mag niederträchtig erscheinen, ist jedoch vorrangig Ausdruck für die vielfältigen Anpassungsstrategien und die Artenvielfalt unserer heimischen Bienenfauna. Diese gilt es nicht nur zu bestaunen, sondern auch nachhaltig zu schützen. Da die Verbreitungsgebiete der Kuckuckshummeln kleiner sind als die ihrer Wirte, sind Kuckuckshummeln auch häufiger vom Aussterben bedroht und somit insgesamt seltener.
Literatur
Scheuchl, Erwin, & Willner, Wolfgang (2016): Taschenlexikon der Wildbienen Mitteleuropas: Alle Arten im Porträt; Quelle & Meyer Verlag GmbH & Co; Wiebelsheim
Bellmann, Heiko, & Helb, Matthias (2017): Bienen, Wespen, Ameisen. Kosmos - Naturführer, Nestbau, Brutpflege, Staatenbildung - die besonderen Verhaltensweisen der Hautflügler